Ihringen

Erste Erwähnung

Ihringen wird im Jahre 962 erstmals unter der Bezeichnung „Uringa“ urkundlich erwähnt. Gemäss dieser Urkunde vom 21. Februar 962 schenkt Kaiser Otto der Grosse dem Bischof Konrad von Konstanz alle Besitztümer wie Kirchen, Gebäude, Leibeigene, Ländereien, Äcker, Felder, Wiesen, Weiden, Wälder, Weinberge, Wasser, Mühlen, Mühlenplätze, Wege, unwegsames Gelände, Nutzungen und Einkünfte usw.[1]

1414 kauft Markgraf Bernhard I. von Baden die Herrschaft Hachberg (Hochberg). Ihringen gehörte dazu und wurde markgräflich-badisch. Vertreter der Herrschaft im Dorf ist der Schultheiss. Er steht dem Gericht vor, entscheidet Streitfälle und besiegelt Urteile. 1515 zerfällt die Markgrafschaft durch Erbteilung in zwei Teile: Ihringen gelangt unter Markgraf Ernst an die baden-durlachische Linie, bei der es die folgenden Jahrhunderte verbleibt.[2]

 

Reformation

1556 beschliesst Markgraf Karl II., evangelisch zu werden: Ihringen wird zusammen mit sieben weiteren Gemeinden im Kaiserstuhl evangelisch. Damals galt der Staatsrechtsgrundsatz, d.h. die Herrschaft bestimmt die Konfessionszugehörigkeit. Klöster wurden aufgehoben und evangelische Prediger berufen. Der erste lutherische Pfarrer in Ihringen ist Martin Fischer, der bis 1558 in Basel studiert hatte.[3]

 

Kriegswirren

Der Dreissigjährige Krieg (1618-1648) tangierte auch Ihringen. Pfarrer Dr. Walter Sick schreibt dazu u.a.:

„Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Gemeinde schon zu einem blühenden Gemeinwesen gediehen. Die Gemarkung umfasste 1500 Jucherten[4] Reb- und 2000 Jucherten Acker- und Wiesenland. Die Einwohnerschaft zählte 210 Bürger [zuzüglich ihrer Familienangehörigen], dazu kamen die vielen, die wie die Hintersassen das Bürgerrecht nicht besassen. Um die Kirche, das Rathaus, die Schule und das Pfarrhaus gruppierten sich 127 Häuser mit den dazu notwendigen Ökonomiegebäuden. […]

Da kam der furchtbare Dreissigjährige Krieg und brachte über Ihringen unsägliches Elend. […] Je näher aber die kriegerischen Ereignisse kamen, um so gefährlicher wurde die Lage für Ihringen. Da befestigte Markgraf Georg Friedrich den Ort im Jahre 1621 und umgab ihn mit starken Schanzen […].

Ihringen 1621
Abbildung des befestigten Ihringen 1621. Zeigt wohl eher den Plan als die tatsächliche Ausführung. Zum Vergrössern anklicken.

Von 1624 an war Ihringen unablässig mit Truppen belegt, die nicht nur verpflegt und beherbergt, sondern auch gelöhnt werden mussten. […] Unter diesen Belastungen war die Zahl der Bewohner sehr klein geworden und die ehedem wohlhabende Gemeinde sehr arm. Aber als Ihringen noch mehr gefährdet war, musste auf Befehl der Obrigkeit der Rest des Besitzes auf feste Burgen verbracht werden, u.a. auch nach Schloss Höhingen. Höhingen ging auch an den Feind verloren und mit dieser Feste auch der restliche Besitz der armen Ihringer. Um diese Zeiten müssen auch die letzten Bewohner des Ortes entflohen sein. Aber wie sah der Ort aus, als nur 61 Bürger mit ihren Familien in die alte Heimat zurückkehrten! ‚Erstlich ist die Kirche durch das Kriegswesen von den Breisacher Soldaten und sonderlich der hohe Turm abgehauen worden […]. Das Pfarrhaus liegt im Grund, desgleichen das Schulhaus und das Rathaus. Nicht mehr als 17 Dächer […] sind nach der Rückkehr der Bewohner aufgefunden worden. Alle andern sind darnieder gerissen worden mitsamt den Scheuern, Stallungen und Trotthäusern.'“[5]

 

Zuwanderer aus der Schweiz

Gemäss der Gemeindechronik erhielten die verarmten Rückkehrer Unterstützung durch Einwanderer aus den evangelischen Kantonen Zürich und Bern. Ihringen nahm ab 1648 etwa 60 bis 70 schweizerische Familien auf. Wenige sind sesshaft geworden, die meisten zogen nach einer gewissen Zeit wieder weiter.[6]

1669 zählte Ihringen 73 „ganze Ehen“, d.h. verheiratete Bürger, 6 Hintersassen, 40 Schulkinder, 78 Unmündige, 47 Knechte und Mägde sowie 10 Verwitwete. Total rund 330 Einwohner. 1693 waren es bereits knapp 700.[7] Hintersassen besassen im Unterschied zu den Bürgern nicht das volle Bürgerrecht, wohnten aber meistens dauerhaft, mit eigenem Haushalt, in der Gemeinde.

Zu den Einwanderern gehörte z.B. Heinrich Baumann (grün in der nachstehenden Grafik), von Stäfa ZH, Hintersasse von Ihringen. Er kam zusammen mit Ehefrau Anna (Familienname unbekannt) und seinen Kindern nach Ihringen.[8] Seine Kinder wurden in Ihringen sesshaft:

Nachkommen Heinrich Baumann aus Stäfa ZHZum Vergrössern die Grafik anklicken.

 

Ihringen heute

Ihringen ist eine Gemeinde mit rund 6000 Einwohnern (31.12.2015) und liegt am Kaiserstuhl im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im Südwesten Baden-Württembergs. Sie besteht aus den Ortsteilen Ihringen und Wasenweiler (seit 1.7.1974).[9]

 

Quellen
[1]
Anna Burkhardt-Kuhny, Martin Keller: Ortssippenbuch (OSB) Ihringen am Kaiserstuhl. Geschichtsverein Markgräflerland e.V. Basel 2003. Seite 493; Dr. Bernhard Schelb in: Ihringen 962-1962 Gemeindechronik (Teil I) zur Tausendjahrfeier 1962.
[2] OSB Ihringen. Seite 495; Gemeindechronik 1962.
[3] Gemeindechronik 1962.
[4] 1 Juchert entspricht 36 a, d.h. 1500 Juchert sind 5.4 km2 und 2000 Juchert entsprechen 7.2 km2.
[5] OSB Ihringen. Seite 496.
[6] OSB Ihringen. Seite 497.
[7] OSB Ihringen. Seiten 486 und 487.
[8] OSB Ihringen, Familien-Nr. 64, Seite 9.
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Ihringen. Stand 06.09.2017.